
Herzlich willkommen an Bord von „Kale und Kerosin“ – dem FlugbegleiterInnen-Blog, der nach Jetlag riecht, nach Bloody-Mary (1) schmeckt und in dem der Duft von Desinfektionsmittel und Duty-Free-Parfüm in der Luft liegt.
Mein Name ist Britta und seit 28 Jahren bin ich Stewardess. Als ich 1997 anfing zu Fliegen nannte man uns noch so. Heute sind wir FlugbegleiterInnen und der Begriff Stewardess ist so ziemlich aus dem Sprachgebrauch verschwunden.
Jeder kennt die „Saftschubse“ – übrigens kann ich diesen Begriff nicht leiden und finde ihn mehr als despektierlich. Denn unser Beruf ist so viel mehr! Wir vereinen in einer Tätigkeit Sicherheitsperson, Servicekraft, Krankenschwester/bruder, Kinderfrau/mann, psychologisches Hilfpersonal, ProblemlöserIn, technischer Support, ReisebegleiterIn uvm. Ich denke der Begriff „Chaos Coordinator“ bezeichnet uns am Besten.
Ich gehöre zwar noch zur alten Garde, liebe den Beruf aber immer noch von Herzen und hoffe dir ein wenig Einblick in meine Welt hier geben zu können!
Schichtarbeit: Wenn der Wecker klingelt, bevor die Nacht überhaupt angefangen hat
Wer glaubt, Flugbegleiterinnen hätten einen glamourösen Job, der sollte mal versuchen, um 3:30 Uhr morgens aufzustehen, um um 6:00 Uhr mit einem Lächeln im Gesicht Gäste zu begrüßen, Kaffee zu servieren und immer mit einem Ohr und Auge den Überblick für die Sicherheit aller an Bord zu behalten. Schichtarbeit ist wie ein Überraschungsei: Man weiß nie, was man bekommt – außer jeder Menge Müdigkeit. Mein Biorhythmus hat längst aufgegeben, sich zu beschweren. Dafür habe ich gelernt, Powernaps zu lieben und grünen Tee als Lebenselixier zu akzeptieren.
Jetlag: Mein ständiger Reisebegleiter
Jetlag ist wie ein nerviger Sitznachbar, der immer mitkommt, egal wohin man fliegt. Mal ist er harmlos, mal bringt er die innere Uhr so durcheinander, dass man um 3 Uhr nachts Lust auf Currywurst hat und mittags im Stehen einschlafen könnte. Über meine Tricks z.B. für den Umgang mit Jetlag möchte ich dir hier auf diesem Blog berichten. Als kleiner Vorgeschmack: Wirklich (!) viel Wasser, wenig Alkohol, gesundes Essen, Selbstfürsorge, Bewegung – und die Erkenntnis, dass Müdigkeit auch irgendwann wieder vorbeigeht. Meistens.
Zeit- und Klimazonen: Von der Sauna in den Kühlschrank
Man startet im Wintermantel in München und landet im Bikiniwetter in Bangkok. Und das auch noch aus dem Standby (Bereitschaftsdienst – übrigens sehr lästig)!
Also hat man einen Koffer für alle Eventualitäten dabei. Die Haut spannt, die Haare machen, was sie wollen, und das Immunsystem spielt Limbo. Ich habe gelernt, immer eine Notfallausstattung dabeizuhaben: Feuchtigkeitscreme, Schal, Sonnenbrille und Vitaminpräparate. Und: Akzeptanz, dass man (fast) nie das richtige Outfit trägt.
Familie und Freunde: Nähe trotz Distanz
Die größte Herausforderung? Die Entfernung zu meinen Liebsten. Geburtstage, Weihnachten, spontane Treffen – oft bin ich nur per WhatsApp oder FaceTime dabei. Aber: Ich habe gelernt, die Zeit zuhause intensiv zu nutzen und kleine Rituale zu pflegen, die Nähe schaffen. Und manchmal bringt ein Magnet aus New York mehr Freude als ein langweiliger Blumenstrauß.
Ungesundes Essen: Wenn der Magen mitfliegt
Bordessen ist wie russisches Roulette für den Magen. Mal gibt es Gummi-Hähnchen, mal matschigen Reis. Alles schön mit jeder Menge Konservierungsstoffen (der link gibt dir einen Überblick darüber, was es so für Konservierungsstoffe gibt) versetzt. Mein Körper konnte sich daran leider nie gewöhnen und hat rebelliert. Deshalb habe ich gelernt für mich damit umzugehen und werde dir hier mit jeder Menge Tipps zeigen, dass man auch an Bord gesund essen kann. Auch wenn es manchmal ein wenig herausfordernd ist. Aber wenn man schon einen Job hat, bei dem man wenig planen kann, kann man sich hierbei planerisch richtig austoben.
Kollegen: Jeden Tag ein neues Team
Stell dir vor, du gehst jeden Tag in ein anderes Büro, mit anderen Kollegen, anderen Chefs, anderen Abläufen. Klingt anstrengend? Ist es auch. Aber es macht flexibel, offen und – ja, manchmal auch ein bisschen verrückt. Ich habe gelernt, mich schnell auf Menschen einzustellen, Smalltalk zu perfektionieren und trotzdem meinen eigenen Raum zu finden. Flieger sind soviel anpassungsfähiger als andere Berufsgruppen. Ich würde uns sogar als Massenkompatibel bezeichnen. Hilft auch im normalen Alltag im Umgang mit Menschen 😉
Passagiere: Von Nervensägen und Herzensmenschen
Jeder Flug ist eine Wundertüte: Da gibt es die Vielreisenden, die alles besser wissen, die schlafenden oder auch nicht schlafenden Babys, die alleinreisenden Kinder, die wilden Fußballfans, der französische Renter-Kirchenchor, die nervösen Erstflieger, die charmanten Omas und die nörgelnden Geschäftsleute. Ich habe gelernt, freundlich zu bleiben, auch wenn mir manchmal nach Schreien zumute ist. Humor hilft – und ein dickes Fell sowieso.
Sicher werde ich über die ein oder andere Anekdote mit Passagieren berichten. Bleib einfach dran und lass dich überraschen. Es gibt wirklich viel zu erzählen. Glaub mir, kein Flug ist wie der andere und selten ist es langweilig.
Gesundheit: Mein wichtigstes Gepäckstück
28 Jahre Fliegerei gehen nicht spurlos an Körper und Seele vorbei. Rücken, Haut, Gewicht (rauf und runter), Immunsystem – alles wird gefordert. Und irgendwann kommen noch die Wechseljahre dazu – auch ein Thema für sich, das unter normalen Lebensumständen schon interessant genug ist.
Ich habe gelernt, auf meinen Körper zu hören, regelmäßig Sport zu machen (zumindest das Yoga im Hotelzimmer ist immer dabei), und mir wirkliche Auszeiten zu gönnen. Meditation, Kräutertees und viel frische Luft sind meine Geheimwaffen. Alles andere, was man noch so machen kann erfährst du hier.
Warum ich immer noch fliege
Trotz aller Herausforderungen liebe ich meinen Beruf. Das Gefühl, über den Wolken zu sein, neue Orte zu entdecken, Menschen aus aller Welt zu treffen – das ist unbezahlbar. Ich habe gelernt, die kleinen Dinge zu schätzen: Ein Lächeln und ein Handschlag von Passagieren, ein Sonnenaufgang über dem Atlantik, ein ruhiger Moment mit Kollegen nach einem turbulenten Flug. Und der Anflug auf München, wenn man über die Alpen oder den Chiemsee reinfliegt, macht mich immer noch so glücklich, dass ich nach all den Jahren noch Pipi in den Augen habe.
Mein Fazit
Fliegen ist mehr als ein Job – es ist ein Lebensgefühl. Es fordert, es prägt, es schenkt unvergessliche Momente. Und mit der richtigen Portion Humor, Selbstfürsorge und einer Prise Abenteuerlust bleibt die Freude am Fliegen auch nach 28 Jahren ungebrochen. Willkommen bei „Kale und Kerosin“ – schnall dich an, es wird turbulent, ehrlich und garantiert nicht langweilig!
(1)Bloody Mary = Tomatensaft+Vodka+Tabasco
- zum Rezept geht´s hier entlang
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