Gesundes Fliegen kann jeder – außer man ist Crew! Meine Tricks zwischen Kurz- und Langstrecke

Es gibt ja diesen Mythos, dass man als Vielreisende*r irgendwann ein Profi im gesunden Leben werden muss. Ha! Als Crew sitze ich bei diesem Thema oft eher auf der Crewbank und fächer mir frustriert die Sicherheitsinformationen zu – denn der Spagat zwischen „healthy lifestyle“ und tatsächlichen Arbeitsbedingungen im Flieger ist etwa so elegant wie ein Turbulenz-Salto im Gang.

Gesundes Verhalten im Flugzeug? Die Passagiere versuchen es vielleicht. Aber wir Crew? Wir leben quasi das Survival-Kit deluxe.

Kurzstrecke: Espresso im Blut, Schnelligkeit in den Beinen

Kurzstreckenflüge sind wie Speed-Datings mit unterschiedlichen Zeitzonen. Die Crew schaut beim Check-in meist noch aus wie das Titelbild einer Airline-Kampagne – 30 Minuten später jongliere ich schon mit Heißgetränken, Tomatensaft oder dem „Onboard Delight“-Trolley“ wie auf einem Marktplatz zur Stoßzeit. Und das im schlechtesten Fall 5 x am Tag!!!

Nach dem Service, der je nach Strecke und Passagierbedürfnissen entsprechend kurz oder lange dauert, haben wir die Gelegenheit auch für unser körperliches Wohl zu sorgen. Wie gesagt, je nachdem wie lange der Service gedauert hat, ist dann auch entsprechend unser Zeitfenster. Die Nahrungsaufnahme findet in der Regel in der Galley statt, wenn man Glück hat auf einem Crewsitz. Manchmal sitzt man aber auch nur auf einer Box. Immer das Tablett auf den Knien – neben der Toilette und neben der Wastebox (unserem Müllwagen).

Guten Appetit!

Und mal ganz ehrlich, Flugzeugessen ist ok, wenn man einmal im Jahr in den Urlaub fliegt. Aber es ist kein Ersatz für gutes und gesundes Essen. Da muss man sich halt doch einfach selber drum kümmern.

Daher mein Trick: „Ich decke mich auch im Layover immer mit frischen Lebensmitteln ein“

Wer zeitlich effektiv essen will, isst im Stehen. Das spart Zeit, ist aber auch richtig ungesund.

Wer es mit sich selber gut meint, lässt den Kollegen das Bordfrühstück und knabbert lieber an der veganen Energiekugel. Bevor ich schnell große Kalorienmengen in mich hineinstopfe, esse ich lieber ein paar Nüsse, eine Banane oder meine selbstgemachten Müsliriegel und verschiebe das „richtige“ Essen dann auf den Feierabend.

Was die Kurzstrecke auch nicht wirklich mit sich bringt, sind Pausen. Also so richtige, mit Ruhe und abschalten und so. Das höchste der Gefühle sind kleine „Ruheinseln“, die wir uns gegenseitig schaffen, indem wir uns – hinter dem Vorhang versteckt – mal zurückziehen und mit einander ratschen. Präsent und ansprechbar für die Passagiere und natürlich für alle Eventualitäten, die während eines Fluges passieren können (Passagieranfragen, wetter- oder streckenbedingte Verspätungen, technische Probleme, medizinischer Notfall uvm) sind wir natürlich immer und jederzeit.

Niemals zu vergessen, dass wir während all dem auch noch gut aussehen!

Langstrecke: Wenn „normaler“ Schlaf zum Reise-Mythos wird

Die wahren Herausforderungen kommen aber mit der Langstrecke: Asien ist mein Spielplatz, die amerikanische Westküste mein persönlicher Killer, Jetlag mein Feind und Freund zugleich. Einmal Los und zurück, und mein Biorhythmus hat mehr Knicke als die Safety Card nach einem Kindergartenflug. Wie bleibe ich trotzdem halbwegs gesund? Zuerst habe ich dem Wort „Routine“ den Rücken gekehrt und es gegen drei goldene Selfcare-Regeln getauscht: Flexibilität, Vorbereitung und Humor.

Drei goldene Selfcare-Regeln getauscht: Flexibilität, Vorbereitung und Humor.

Ich packe mein „Survival-Kit“ vor jedem Flug:

  • Ich Meal-Prepe für jeden Flug! z.B. Selbstgemachte Quinoa-Salate (lässt sich super in kleinen Travel-Boxen transportieren, muss aber auf Amerika Strecken vor der Landung verputzt werden, da man keine Lebensmittel einführen darf!)
  • Datteln, Nüsse, Basenpulver für den Wasser-Jetlag-Ausgleich, Müsliriegel oder Mischungen, Hafermilchpulver (spart Gewicht und man hat das leidige Flüssigkeitenthema nicht)
  • Ayurvedischer Tee & Kurkuma-Latte für den pre-board-Glow – den Rest erledigt mein Lächeln, hoffe ich zumindest.
  • Augenmaske, Ohrstöpsel, Duftöle (wirken beruhigend und lassen muffige Zimmergerüche und die Bettwäsche im Crewrest wohlig frisch aufblühen)
  • Und Wasser, Wasser, Wasser und meine altbewährten Kompressionsstrümpfe – ohne die wären meine Beine nicht so schön wie sie (noch) sind!

Für die Stunden im Crewrest schwöre ich auf Achtsamkeit:

  • Fünf Minuten bewusstes Atmen,
  • die Lieblings-Playlist auf die Ohren und
  • die Noise-Cancelling-Kopfhörer dabei – so stehe ich auch nach zwölf Stunden Überraschungsdienst wieder halbwegs lebendig in der Kabine

28 Jahre „healthy Crew life“

Meine wichtigste Lektion in 28 Jahren „healthy Crew life“:

Du musst spontan und kreativ bleiben!

Wenn’s in Madrid leckere Tapas gibt, genieße ich ein paar Patatas Bravas, esse am nächsten Tag dafür asiatisch-dampfgegart und basisch wie ein Zenmönch.

Beim Mental-Check sage ich mir: Jedem schlechten Tag folgt ein besserer, und kein Meal-Prep-Talent kann den Jetlag austricksen – aber ein guter Humor rettet jede Notlage.

Und ja, ab und zu gönne ich mir trotzdem den legendären Flugzeug-Kaffee (wobei ich am liebsten den Instant Kaffee trinke, der Filterkaffee bekommt mir nicht). Ich nenne es „Ritual zur inneren Reinigung“ – danach läuft’s irgendwie wieder besser.

Gesund fliegen ist zwar als Crew eine sportliche Herausforderung… aber ich liebe den Mix aus Organisation, Improvisation und ganz viel Crew-Life-Lachen!

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